Sommer, Sonne, Hängebacken

Die Vorstellung, im Urlaub am Meer zu liegen, in der Sonne, eine Weinschorle in der Hand, den schon vor Jahren gekauften Sonnenhut auf dem Kopf und dabei auszusehen wie Sophia Thomalla auf Insta – ja, so geht sicher einigen von euch. Und mir. Mit dem Unterschied, dass Sophia weder Kinder, Essen oder einen schwer beschäftigten Mann hat. Was Sophia und ich aber gemeinsam haben, ist die Bereitschaft, die eigene Komfortzone zu verlassen.

Und so kam es vor ein paar Wochen zu einem Urlaub, weit entfernt von meiner Komfortzone, aber mit dem Flieger relativ schnell zu erreichen: Korsika.

Mein erster Flug alleine mit zwei Kindern. Mein erstes Mal auf einem FKK-Campingplatz. Mit meinen Schwiegereltern.

Vor all meinen „großen“ Taten spreche ich mir vorher Mut zu, indem ich Gott und der Welt davon erzähle. So komme ich aus der eigens kreierten Nummer nicht mehr raus. Zumal die Vorstellung auf eine Woche Sonne, Kinderbetreuung und Tapetenwechsel das Ding unkündbar gemacht haben. Und was sind schon knapp zwei Stunden Flug alleine mit den Kindern? Ich meine klar, Corona macht alles komplizierter, aber ich hatte ja einen Inlandsflug gebucht. Die Franzosen sind meistens locker. Alle Passagiere, die nach Korsika fliegen sowieso und zumindest mein Älterer ist ein Schulkind – lief also quasi nebenher, sodass ich mich voll und ganz auf die Halbjährige auf meinem Schoß konzentrieren konnte, die sowieso meistens schlief. Easy.

Schlank gepackt, wohl genährt und mit Vorfreude im Herz ging die Reise abends los. Vorsichtshalber hatte ich alle 1000 Dokumente, die die Airline im Vorfeld versendet hatte, mehrfach ausgedruckt, hinzu natürlich die Testergebnisse trotz Impfung, unser Stammbuch sowie eine Kopie des Schengener Abkommens. Just in Case. Dass ich meine Französischkenntnisse leider gar nicht erst eingepackt habe, wurde mir direkt bei der Gepäckaufgabe bewusst. Ein freundliches Lächeln meinerseits, ein „Oui, merci“ genuschelt, entschuldigend auf das Baby in der Trage zeigend, den Großen an der Hand und den kompletten Stapel aller Dokumente rübergeschoben, wartete ich ganze fünf Minuten, bis wir ohne Koffer weiter im Programm fahren konnten. Als Antwort auf meine Dokumente wurde mir von der freundlichen Dame einfach noch mehr Papier zurückgegeben. Hier wohl das Schengener Abkommen auf Französisch. Komisch waren nur die vielen nicht ausgefüllten freien Stellen.

Einmal alles aus, drauf, durch, an und rein. Schneller Sprengstofftest wegen des Babywassers im Handgepäck und zack standen wir zu dritt am Gate.

Anscheinend war noch Zeit, denn keiner der anderen Passagiere reagierte auf die mir unverständlichen Durchsagen in der französischen Sprache, welche in gewissen Abständen kam. In Frankreich macht man sich gar nicht erst die Mühe auf Englisch zu übersetzen, würde eh keiner verstehen. Also wartete ich mit den beiden Kindern ungeduldig auf Boarding. Wer mich kennt, weiß, dass mein Sechsjähriger geduldiger ist als ich. Und die Halbjährige auch. Die Zeit nutzend warf ich einen Blick auf das Dokument der Dame beim Einchecken. Kurze Panikattacke und eine freundliche Mitreisende später war auch dieses Papier unterschrieben und fertig zum Abgeben.

Endlich im Flieger war die Aufregung groß. Der Ältere am Fenster, die Kleine angekettet auf meinem Schoß, wurden wir unfreundlich vom Schicksal daran erinnert, dass man den Tag nicht vor dem Abend loben sollte und so fing mein Großer an, sich zu übergeben. Aber nicht ein bisschen, oh nein, schwallartig wurde die hektisch gesuchte Tüte gefüllt. Bis oben zum Rand. Ob es daran lag, dass ich in der Eile die Reihen verwechselt hatte, war mir nicht klar. Nur die unfreundliche Familie, welcher es egal war, wer/wann/ob sich jemand auf ihrem Sitz übergeben musste, machte mich laut auf diesen Zustand aufmerksam. Manchmal verstreichen Minuten wie Sekunden und manchmal eben auch Sekunden wie Stunden. Oben in der Luft, den Großen stützend, mit der anderen Hand die Tüte haltend, gleichzeitig auf und ab für das Baby schaukelnd, überraschte es mich nicht, dass die Verdauung der Kleinen sich genau diesen Moment ausgesucht hatte, zu starten.

Irgendwann ist jeder Zustand mal zu Ende. So auch dieser Flug.

In Bastia angekommen wurden wir schon von meinen Schwiegereltern empfangen, welche jeden Sommer auf dieser reizenden Insel verbringen. Mittlerweile in Rente und mit VW Bus ausgestattet.

Sie waren sogar gewappnet für die weiteren Würgeattacken, die uns leider die Fahrt über begleiteten. Als es nachts dann noch vom Gegenpol dazukam, war mein erster Urlaubstag perfekt. Es konnte nur bergauf gehen.

Dann kam der Morgen und mit ihm ein weiterer Schritt ins Neuland. Unser schöner Bungalow stand nämlich nicht nur am Meer, sondern auch auf einem FKK-Gelände.

Wie auf Safari versuchte ich erste Lebewesen zu erspähen. Zwischen den zirpenden Zikaden, den wilden Pinien begab ich mich auf die Pirsch. Und da waren sie. Überall. Nackt beim Spazierengehen, nackt auf dem Weg zum Strand, nackt auf dem Fahrrad. Ohne Scham, zufrieden mit sich. Und dabei weit weg von allen Schönheitsidealen. Mit meinen Schwiegereltern unterwegs zu sein, verstärkte natürlich die anfängliche Hemmung zusätzlich. Zwar kennen wir uns schon viele Jahre, aber eben angezogen.

Augen zu und durch oder besser Augen zu und Hose runter.

Schon war es passiert. Die ersten 30 Minuten etwas gehemmt, dann völlig natürlich. Immer im Kopf: „Ja, ich weiß, ich muss abnehmen… Achtung Bauch einziehen… Ok, ich werde immerhin nahtlos braun… oh mein, Gott, was ist das denn…?“ Die Erkenntnis, dass sich Männer, EGAL wie sie aussehen, immer für attraktiv halten und Frauen, EGAL wie sie aussehen, nicht. Verrückte Welt. Ehrliche Welt. Nackte Welt. Vom eigenen Mut beflügelt war auch das Sandeln mit den Kindern nackt an Strand plötzlich keine Vorstellung mehr, sondern Realität. Während ich mich für unfassbar locker hielt, zeigten mir aber die nackten SUPler, was die Spreu vom Weizen trennt. Ich musste lernen, ein Gespräch auf Augenhöhe zu führen, während sich nur die Geschlechtsteile auf Augenhöhe befinden. Wer sagt, dass ein Business-Talk mit Fremden nicht auch nackt sein kann. Klar fällt es schwer, sich über die aktuelle Politik adäquat auszutauschen, während man Sand zwischen den Pobacken hat. Alles ist möglich und machbar. Und irgendwie so befreiend. Und irgendwie so ehrlich. Hier gibt es nicht die Möglichkeit mit figurschmeichelnden Farben/Stoffen/Formen zu arbeiten. Wir sind alle gleich. Wir haben alle eine Geschichte und diese sieht man oft auf dem Körper. Als hätte ich nie etwas anderes gemacht, bewegte ich mich eine Woche max. mit einem Tuch zum Einkaufen begleitet. Abends im Restaurant zogen wir uns natürlich auch an. Nur um direkt hinterher wieder alle Hüllen fallen zu lassen. Ich habe mich ziemlich schnell an den Umstand gewöhnt und auch die anfängliche Hemmung vor meinen Schwiegereltern war schnell vergessen. Nackt sein verbindet. Man ist schneller am Menschen. Vorurteile werden auf einer anderen Ebene gespielt.

Das befreiende Gefühl, morgens nackt im Meer zu sein, die Hemmung fallen zu lassen und den Bauch nicht mehr einzuziehen, sich mit allem zu akzeptieren, das sind für mich tatsächlich die großen Learnings des einwöchigen Ausflugs in eine wahrlich andere Welt. Wesentlich wichtiger als welche Dokumente brauche ich für einen Inlandsflug in Coronazeiten. Die dann keiner sehen will.

Am Ende bleibt mir nur ein lautes: Macht euch nackig!

#3 – Tim’s furioses Finale

Ihr habt vielen Regeln getrotzt. Fühlt euch manchmal wie Rebellen der Liebe. Aber so eine gemeinsame Wohnung – ach, hat manchmal doch was. Wie schön jemanden zu Hause zu wissen, wenn man geschlaucht vom Tag mit letzter Kraft die Tür zu den stilvoll eingerichteten vier Wänden aufschließt. Du gehst durch den dunklen Gang, schlüpfst aus der Jacke, lässt die Tasche wie die Schuhe hinter dir und öffnest die Küchentür. Und da steht er: der Mann am Herd. Euer Mann. Dein Tim. Kochend. Dieses zauberhafte Lächeln, mit dem er dir gerade ein Glas Wein einschenkt. Diese Stimme, die dir zuraunt, dass das Essen gleich fertig ist. Für die einen sind es Blumen, für die anderen ein gutes Glas Wein. Oder sogar beides.

Spätestens hier hat dich jeder Tim der Welt im Sturm erobert.

Wenn da nicht die eine kleine Sache wäre … diese Sache, die dich im Gespräch mit den Mädels beschäftigt. Diese Sache, die dich manchmal wachhält. Die Sache mit dem Sex.

Glückliche Paare haben zweimal Sex. In der Woche.

Jede gesunde Beziehung braucht Sex. Dank vieler Umfragen und Tante Inge’s Meinung wisst ihr sogar, wie viel es sein muss. Zweimal pro Woche. So viel wie der angebliche Deutsche Durchschnitt. (Da es sich hier um einen privaten Beitrag handelt, nehme ich mir die Freiheit, keine Quelle zu nennen. Bäm.) Sex ist nichts für Anfänger. Mit einem Partner intim zu sein, der neu und aufregend in unser Leben rauscht, ist Sex das Leichteste der Welt. Sex ist für Fortgeschrittene. Mit einem Partner, den man schon in vielen unangenehmen Situationen erlebt hat, ihn beispielsweise beim Erbrechen gesehen hat oder für ihn die schmutzige Wäsche gewaschen hat (womöglich aus Versehen vorher gecheckt hat, ob die Unterwäsche getragen war – war sie). Das ist eine Herausforderung. In den ersten Wochen kannst du die Finger nicht von Tim lassen. Nach ein paar Wochen musst du deine Finger daran erinnern. Nach Monaten vielleicht sogar überreden. Und damit wird es kompliziert. Die Leichtigkeit ist weg. Das leidenschaftliche Gefühl, dass uns antreibt, die wildesten Sachen zu machen. Was ein Glück, das Tante Inge auch hier den Tipp hat: Zweimal die Woche muss man durch, sonst geht er womöglich fremd! Also Augen zu und durch. Wenn dein Partner nämlich keinen Sex bekommt, geht er mit einer hohen Wahrscheinlichkeit fremd. Dann weißt du aber auch:

Wenn dich dein Partner betrügt, liebt er dich nicht.

Puh, endlich eine Regel, die dir genauso einleuchtet wie allen anderen Mitmenschen. Ist doch glasklar. Warum sollte er denn sonst fremd gehen, wenn nicht nur, um dir zu schaden. Um dich leiden zu sehen. Weil er dich weder liebt noch schätzt. Die Mär von der Trennung zwischen Liebe und Sex kennst du schon lange. Die Lüge, dass Sex für manche Menschen ein Ventil sein kann und in unüberlegten Momenten passiert, was bei längerer Betrachtung nicht möglich gewesen wäre, hast du durchschaut. Ignoriere die Stimme, die ihn insgeheim sogar ein klitzekleines bisschen versteht … weil neulich, als du mit den Mädels im Club warst und an der Bar diesen süßen Barkeeper gesehen hast, da hast du ganz kurz … Achwas. Er liebt dich nicht. Deswegen geht er fremd. Punkt.

Jetzt ist das Kind in den Brunnen gefallen. Tim war untreu. Natürlich hast du alles getan, was getan werden muss:

  1. Du hast ihm eine filmreife Szene hingelegt. Du hast sogar eine Vase zerdeppert. Die von Oma. Und das nur, um zu zeigen, wie ernst es dir ist.
  2. Du hast dieses Monster auf die Straße gesetzt. Soll er doch zu seiner ollen Kuh gehen. Vielleicht liebt er ja die.
  3. Du hast seine Sachen gepackt – nein, du hast sie in Säcke gestopft! Kann er froh sein, dass du sie nicht angezündet hast. Tante Inge hatte hierzu geraten.

Tja, und jetzt sitzt du da. Auf eurem Sofa. Allein. Heulend. Mit Rotwein. Spielst gedanklich all die schönen Momente durch. Es war nicht alles schlecht. Tim und du, das war doch für die Ewigkeit. Wie konnte das nur passieren?

Ping. Eine Nachricht. Von Tim. Es tut ihm leid, er wollte das doch nicht, wie konnte er dir so was nur antun, aber in letzter Zeit kam er sich so ungeliebt vor, so einsam, es war Alkohol im Spiel, er bereut es so, er hat dich für immer verloren … Dilemma.

Wie gerne würdest du ihm vergeben. Wie gerne würdest du das alles rückgängig machen. Der anderen Frau nicht so viel Macht geben. Du kannst es drehen und wenden, so oft du willst. Es wird nichts bringen, denn:

Wer einmal getrennt war, findet nicht mehr zusammen.

Nie mehr. Jeder hat Freunde, deren Bekannte es noch mal probiert haben und es hat nichts gebracht. Diesen Fehler kannst du dir schenken. Du könntest ja doch nie mit dem Seitensprung leben. Denn wer so was einmal macht, der macht es bei jeder Gelegenheit wieder. So hatte damals die Tante Inge auch ihren Georg verloren und bis heute ist sie froh, dass sie sich nicht noch mal auf ihn eingelassen hat. Zwar spricht sie bis heute von der Trennung – aber was sind schon 15 Jahre. Es wäre garantiert schief gegangen. Dafür hat sie es nicht mehr versuchen müssen.

Puh, was ein Glück, dass es vor der Familiengründung passiert ist!

TINEFACT#7:

Natürlich erfüllen wir alle dieses Mindestmaß. Nicht. Aber das macht nichts. Sex innerhalb einer Beziehung verändert sich. Aus oft und wild wird weniger und vertraut. Nur langweilig sollte es nicht werden. Versucht euch in Romantik zu versetzen. Oder sie zu erhalten.

Romantik darf man sich nicht nehmen lassen.

Und löst euch von diesem Gedanken, wie oft es sein muss, überlegt euch lieber, wie oft es sein darf!

TINEFACT#8:

Die ewige Debatte über Monogamie ist ermüdend. Der eine braucht es, der andere nicht. Natürlich ist ein Seitensprung schmerzhaft für das Opfer. Und oftmals auch für den Täter. Aber wie zu einem guten Krimi gehört eben beides dazu. Es kommt immer auf das Motiv an. Emotionale Motive haben immer etwas mit Liebe zu tun, wichtig ist es darüber zu reden, wenn es belastet.

Offen und ehrlich damit umgehen.

Und vielleicht gemeinsam zu überlegen, warum der Täter tatsächlich geschossen hat. Bevor ihr ihn hinrichtet.

TINEFACT#9:

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich war als Kind schon ein Rebell. Wenn meine Eltern liebevoll ihre Erfahrungen mit mir teilen wollten, habe ich mit kompletter Ablehnung des Ratschlages reagiert. Und es zum Trotz extra getan. Ich bin in jede Pfütze gesprungen, auf jeden Baum geklettert und ich habe in Steckdosen gefasst. Nasse Füße, eine aufgeplatzte Lippe sowie ein Stromausfall im kompletten Haus waren lehrreichere Erfahrungen, als jede gut gemeinte Regel. So mache ich das heute noch. Und bin glücklich, über jede neue Erfahrung, die ich machen darf.

Deswegen lasst uns Regeln brechen!

Es gibt keinen Dresscode für eine Beziehung. Jeder trägt das, wonach er sich fühlt.

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Round #2 for Tim!

Die letzten Wochen sind gerade so an Tim und dir vorbeigeflogen. Ihr hattet viele schöne Momente, habt aber den Klumpen vermieden.

Vom ersten Mal Händchenhalten in der Öffentlichkeit bis hin zum Verabschiedungskuss – die Kiste läuft. Trotz des Wunsches, jede Sekunde mit dem endlich gefundenen Seelenverwandten zu verbringen, habt ihr euch eure Individualität beibehalten. So gut es eben ging.

Da waren Mädelsabende, bei denen du allen erzählen konntest, wie süß Tim aussieht, wenn er verlegen wird. Oder wie sein Bart an deinem Hals kitzelt. Wie völlig anders diese Beziehung ist und was du denkst was als nächstes kommt. Aber du bleibst locker, lässt alles auf dich zukommen.

Tim war auch aus. Hat sich mit den Buddys getroffen. Vielleicht war Fokus der Gesprächsthemen eher die Körperlichkeit zwischen euch. Oder hat er überhaupt über dich gesprochen? Womöglich über die Ex? Vielleicht hat sich auch Tim’s bester Freund Titian negativ über dich geäußert, du hattest beim Kennenlernen schon so ein komisches Gefühl…

Egal – frag Tim doch einfach! Denn jeder weiß:

Man darf keine Geheimisse voreinander haben

Gerade in den ersten Wochen stellst du die Weichen deiner Beziehung. Wie soll man Weichen stellen, wenn der andere nicht mit offenen Karten spielt? Wenn er etwas verheimlicht. Etwas, was das Zünglein an der Waage in einer Diskussion sein könnte? Etwas, was dein ganzes Bild von ihm verändern könnte?

Um das zu vermeiden, bestehst du ausdrücklich auf diese allgemeingültige Regel und gehst mit gutem Beispiel voran. Natürlich will Tim wissen, wie genau deine Morgentoilette aussieht. Und was deine Vergehen im zarten Alter waren. Sicherlich ist es für die Beziehung förderlich, dass er alle, also wirklich alle Geschichten zu jedem Ex von dir erfährt. Er soll ja wissen woran er ist.

Weiterhin ist es wichtig, dass du ihm jedes Thema vom Mittagessen mit Freundinnen erzählst, genauso wie viele Männer dich am letzten Abend angesprochen haben und du das ja gar nicht verstehst, weil du ja mit den Mädels da warst und überhaupt kein Interesse gezeigt hast.

Jeder geht anders mit Information um. Was dem einen wichtig ist zu hören, findet der andere nicht mal erwähnenswert. Streit um die Gewichtung ist an der Tagesordnung. Oder Streit um Kommunikation im Allgemeinen. Oder Streit um den Haushalt.

Zu einem Streit gehören immer zwei

Das sagt Tante Inge schon lange und deine Mutter auch. So. Das heißt, wenn Tim mit dir streitet trägst du auf jeden Fall ein paar Prozent dazu bei – denn es gehören ja zwei dazu. Und wenn du mit ihm streitest, er natürlich auch. Denn das war schon immer so und wird es immer sein. Niemals kann es einen einseitigen Streit geben, das wäre ja verrückt. Wenn du ausflippst, ist das immer auf ein Fehlverhalten deines Partners zurückzuführen. In den meisten Fällen ist es völlig legitim auszurasten, nicht nur legitim, es wird von der Gesellschaft sogar erwartet. Man muss schließlich seine Meinung verteidigen und wenn es gegenüber dem Partner ist, dann ist das leider so. Nur nicht einknicken. Er wird schon wissen, warum. Und wenn er es nicht weiß, dann ist das eigentlich nur noch ein Streitgrund.

Tim und du. Das ist für immer. Warum also nicht den nächsten Schritt wagen. Warum also nicht beide Wohnungen kündigen und in die ersehnten gemeinsamen vier Wände ziehen? Das macht man so. Das bedeutet Zielgerade!

Wenn man zusammen ist, ist eine gemeinsame Wohnung das Ziel

»Ihr seid schon 2 Jahre zusammen und wohnt immer noch getrennt?!« Das hätte Tante Inge sein können. Oder die beste Freundin. Oder Mama. Welches Paar könnte es denn anders wollen? Eine gemeinsame Wohnung erleichtert die Klumpenbildung und ist gesellschaftlich schon fast verpflichtend. Und was könnte es Schöneres geben, als die gemeinsame Zeit mit Haushaltsthemen zu krönen? Richtig, nichts.  Endlich keine Geheimnisse mehr voreinander. Körperpflege ohne Hemmung voreinander tätigen oder als Klumpen einfach zu unterlassen. Muss man sich tatsächlich jeden Tag die Beine rasieren? Wen stören schon ein paar abgeschnittene Fingernägel im Waschbecken? Muss man die Tür beim Toilettengang tatsächlich schließen oder zeigt das Vertrauen, wenn ich sie offenstehen lasse?

TINEFACT #4:

Es gibt Geheimnisse die mag einfach niemand wissen. Deswegen sind es Geheimnisse. So manches nicht gesagt würde, wenn ausgesprochen, das Bild des andern so verändern, dass er vielleicht gar nicht mehr so attraktiv für dich ist. Außerdem gibt es manchmal auch einen guten Grund, warum etwas ungesagt bleiben sollte. Geheimnisse machen geheimnisvoll.

Lieber etwas geheimnisvoll als geheimnislos.

Natürlich nur, wenn es sich nicht um einen heimtückischen Mord handelt. Das macht spooky.

TINEFACT #5:

Leute. Mal ehrlich. Ich konnte schon an mir beobachten, dass ich das Drama um des Drama Willens brauche. Es gibt Tage, da bin ich morgens auf Krawall gebürstet. Einfach so. Vielleicht ein schlechter Traum, das berühmte falsche Bein beim Aufstehen erwischt oder einfach mies geschlafen.

Es gibt Menschen, die wollen einfach manchmal streiten.

Schade für den Gegenüber. Und sorry für einige zukünftige Streits, die ich vielleicht vom Zaun brechen werde.

TINEFACT #6:

So schön Vertrautheit ist, die eigenen vier Wände haben auch was für sich. Keiner nörgelt über ungemachtes Geschirr oder dass die Tube wieder nicht zugedreht wurde. Tim glaubt weiterhin, dass ich mit unbehaarten Beinen auf die Welt kam und auch so gehen werde. Behaltet euch ein bisschen Privatsphäre – auch in einer gemeinsamen Wohnung. Das macht interessant und ist gerade bei langen Beziehungen wichtig.

Verurteilt keine Paare, die gerne zwei Standorte statt ein Headquarter haben.

Das sorgt für Flexibilität, hält jung und ist unter manchen Gesichtspunkten kein schlechterer Ansatz.

Also: alles kann, nichts muss. Freut euch auf Tim’s Finale!
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#1 Have you met Tim?

Es gibt so viele ungeschriebene Gesetze auf der Welt. Wir brauchen Regeln und Gesetze. Mal hart, mal weich. Der eine mehr, der andere weniger. Wenn wir in Urlaub fahren, sollten wir vorher zumindest wissen, welche Regeln für die andere Kultur gelten. Wie ist die Begrüßung? Wie ist das Verhalten am Tisch? Wann genau müssen meine Schultern bedeckt sein? Wo sind Birkenstock nicht gerne gesehen? Was ist das angemessene Trinkgeld? Jedes Reisebüro klärt hier gerne auf, es gibt unzählige Blogs zu diesen Themen. Tipps & Tricks, wenn man es nur möchte. Oder auch nicht. Easy. Natürlich hören diese Regeln nicht bei einer Fernreise auf. Es gibt immer Themen, bei denen wir gerne die Regeln beachten. Gerade bei Situationen, in denen wir unsicher sind. Situationen, die wir nicht steuern können. Wie unsere Gefühle. Jeder kennt dieses hormonelle Ungleichgewicht, was sich dann und wann einstellt. Was vorher klar war, ist es nun nicht mehr. Es gibt nur Fragen, nie Antworten. Stop: Antworten gibt es. In Hülle und Fülle.

Wenn es um Beziehungen geht, wissen es die anderen meistens am Besten. Plötzlich weiß selbst Tante Inge, die ein Leben lang Single war, wie es laufen muss. Denn jeder kennt die Regeln. Und ich meine hier wirklich DIE Regeln.

Das ist der Start einer dreiteiligen Reihe, bei der es um vordefinierte Formen der Beziehung geht, nach der die meisten aber nicht leben wollen/können. Und die nicht nur deshalb hinterfragt werden wollen. Vorhang auf für #1.

Momente umgeben uns wie Konfetti. Wenn wir auf einer guten Party sind und tiefe Gespräche führen. Wenn wir von spannenden Situationen umgeben sind. Wenn Menschen wie Konfetti auf uns herabprasseln.

Manchmal heißt ein Konfetti Tim. Tim ist das bunteste Konfetti von allen und wir haben es an diesem besonderen Abend, in diesem einen Moment geschafft, genau ihn zu treffen. Die Gefühle flippen aus, der Kopf wird gaga. Es könnte schließlich der Mann unserer Kinder sein. Oder zumindest der Mann fürs Heiraten. Da wir uns in einem außergewöhnlichen Zustand befinden und uns selbst nicht mehr für zurechnungsfähig erachten, lechzen wir nach – Regeln. Sie geben uns eine Richtung vor, bewahren uns vor schlimmen Fehlern und liefern Antworten auf zermürbende Fragen.

Die Handynummer ist abgespeichert, der Abend war der Hammer. Tim ist der Eine. Wenn man Tim mit allen anderen Männern davor vergleicht, kann er nur gewinnen. Das sagen auch alle, die ihn an diesem Abend erlebt haben. Jetzt nichts Falsches tun. Contenance. Nicht betrunken Nachrichten schreiben. Am nächsten Tag auf keinen Fall anrufen. Denn, Gott sei Dank, weiß jeder:

Warte drei Tage bevor du dich meldest

Diese drei Tage erscheinen äußerst wichtig. Jeder weiß es. Jeder kennt es. Diese süße Qual. Wenn man sich ablenkt, um auf gar keinen Fall an Tim zu denken.

Warum? Das weiß doch wirklich jeder! Mach dich rar, dann bist du der Star! Generationen vor uns und bedauerlicherweise auch noch nach uns wissen, nur so kann man seinen Selbstwert heben und dem potenziellen Partner vermitteln, dass er einen großen Fang gemacht hat. Und diesen Fang gibt es nicht einfach so. Man muss auf ihn warten. So wie auf Weihnachten. Wie auf den Osterhasen. Wie auf den Geburtstag. Seit unserer Kindheit wird uns eingebläut, dass man auf besondere Dinge immer lange warten muss. Ein Rätsel für mich – bis heute.

Sind die drei Tage (endlich!) ausgestanden, geht es los. Das Kennenlernen. Wer ist eigentlich Tim? Für wen haben wir diese Ewigkeit ausgestanden? Wie verbringt er seine Zeit? Wie verdient er (hoffentlich) sein Geld? Wie tickt er? Welche Musik hört er? Ist er Vegetarier? Welcher Religion gehört er an? Online-Plattformen nehmen einem vorab diese alles entscheidenden Fragen ab. Im echten Leben müssen wir das tatsächlich noch selbst vornehmen. Das ist schließlich eine weitere Grundregel für eine erfüllende Beziehung:

Gleiche Interessen sind die Basis

Wehe dem, der den Musikgeschmack des Partners nicht teilt. Diese Beziehung hat überhaupt keine Basis. In welcher Welt könnte denn ein Metall-Freak mit einer Pop-Maus zusammen sein? Oder wie würde es für einen Vegetarier mit einem Fleischesser ergehen! Deswegen ist in dieser Zeit der Fokus natürlich ganz klar. Alles was uns Freude bereitet, soll muss dem zukünftigen Partner ebenso gefallen.

Tim hat bestanden. Er hört die gleiche Musik, hat ähnliche Leibspeisen und on top: Er badet sogar noch gerne! Jackpot. Tim liebt sogar ähnliche Filme. Zwar eher mit Dinos als mit Pferden, aber hier darf die Regel dann plötzlich doch angepasst werden. Es steht also nichts mehr im Wege, um die nächste Regel zu checken. Auch hier steckt der Teufel im Detail und ist elementar für eine besonders glückliche Zukunft:

Man muss sich mit den Freunden verstehen

Tim und du seid drauf und dran zu der sagenumwobenen Eins zu werden. Aber man kann sich ja nicht jeden Tag nur mit sich beschäftigt sein. Es gibt ja auch Freunde. Freunde, die einen nicht nur an jede Regel erinnern, sondern auch Freunde, die natürlich auch die Interessen zu den Dino-Filmen teilen. Wie wunderbar. Tim könnte es immer noch verbocken. Indem er die beste Freundin, den besten Freund, den Partner der Freundin oder womöglich den Schwager der Nachbarin nicht mag. Schließlich sind hier zukünftige Spieleabende geplant.

Freundeskreise miteinander zu verweben ist die höchste Kunst der modernen Beziehungskultur. Es benötigt ein gewisses Maß an Empathie und Menschenkenntnis. Und natürlich Willen. Da diese Regel aber so wichtig erscheint, wird sie mit einer Inbrunst gelebt, die oftmals mit Starrsinn verwechselt wird.

TINEFACT #1:

Es ist egal, wann man sich meldet. Tim hätte sich schon am nächsten Tag darüber gefreut. Du hättest besser geschlafen und vielleicht an Tag drei dein erstes Date mit ihm gehabt. Und wer möchte bitte mit jemanden zusammen sein, der tatsächlich diese drei Tage einhalten kann? Das ist ja beängstigend. Tim hätte auch denken, können, dass kein Interesse besteht und derweil die zuckersüße Hermine kennenlernen können. Ein Hoch auf deine Konsequenz!

Melde dich dann, wenn du es möchtest.
Dann ist immer der richtige Zeitpunkt.

 

TINEFACT #2:

Es ist schön, wenn man Freude teilen kann. Wenn ein gemeinsames Ziel erreicht wird. Wenn man gemeinsam die Zeit bei einer Beschäftigung vergisst. Aber wie langweilig ist es, wenn aus »du« und »ich« ein konstantes »wir« wird. Paare, die sich nur um sich selbst drehen. Die alles gemeinsam machen. Alles. Paare, die ihre Freundschaften nicht mehr pflegen. Paare, die in der Badewanne zu einem unförmigen Klumpen verschmelzen? Mit denen man nichts mehr anfangen kann. Weil sie dich an siamesische Zwillinge denken lassen.

Sei kein Klumpen, behalte dir deine eigenen Interessen bei. Und freue dich über die Diversität in der Beziehung, sie wird nicht nur dein Leben bereichern.
Versprochen!

 

TINEFACT #3:

Unglaublich aber wahr: Man darf auch während einer Beziehung ein eigenes Leben mit eigenen Freunden haben. Sogar Urlaube mit Freunden sind erlaubt. Schließlich gibt es Freundschaften, die einige Beziehungen überdauern. Und das tun sie nur, wenn man sie nicht in den Schrank stellt, während man mit Schmetterlingen im Bauch über saftige Wiesen springt. Jeder Mensch ist ein Individuum. Jedes Individuum besticht durch charakteristische Merkmale. Freundschaften leben durch gemeinsame Geschichte. Und nicht jeder muss jeden mögen. Bäm.

Achso, und es sollte keine Regeln geben, wenn man sich kennenlernt. Man sollte nur wissen, was man sucht.

Gespannt wie es weitergeht? Wenn Tim in die nächste Runde geht?
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Bienvenue au cirque
le grand coeur

Wir begegnen in unserem Leben vielen Menschen. Manche schließen wir schneller in unser Herz als andere. Manche berühren uns nie. Die Menschen in unserem Herz können uns am meisten verletzen. Wir lassen sie rein und sie wildern, wie es ihnen gefällt. Aber sie erfüllen auch unser Herz. Wie groß ein Herz ist, wie viele Plätze es darin gibt und warum eine ausverkaufte Vorstellung schöner ist als freie Sitzreihen, möchte ich gerne erzählen.

»Bonjour Mesdames et Messieurs, treten sie ein und erleben sie die unglaublische, zauberafte und unteraltsame Tine Turbine!«

Bienvenue

Lust auf ein paar Stunden in einer anderen Welt? In einer Welt voll Zauber, Tränen und Lachen? Dann kommen Sie herein! Es sind noch Plätze frei – gleich geht es los! Der Preis ist für jeden zu bezahlen, wir haben verschiedene Kategorien, jeder soll sich wohlfühlen, jeder soll es sich leisten können.
Der innere Zirkusdirektor mit dem dicken Bauch und dem großen Schnurrbart bittet die Besucher herein und weist sie ihren Plätzen zu. Und manchmal, ist da ein Zuschauer mit goldenem Ticket. Wir haben es ihm höchstpersönlich gegeben. Mehr oder weniger zögerlich. In einer Bar, beim Wandern oder er hat es zufällig bei Tinder ergattert. Und jetzt sitzt er da. Du siehst ihn, als du durch den Vorhang spickst. Du siehst aber noch viel mehr. Du siehst deine Familie auf den vorderen Rängen. Deine beste Freundin in der ersten Reihe. Hinten links siehst du aber auch alte Bekannte. Vielleicht siehst du auch Menschen, die dir einmal begegnet sind und an die du gar nicht mehr gedacht hast.

Au cirque

Alle sitzen, alle haben Popcorn. Der Zirkusdirektor lässt den Schnurrbart wackeln und kündigt den ersten Artisten an.

Es werden Gitter aufgebaut. Die Zuschauer sind gespannt. Todesmutig begrüßt der Dompteur die Zuschauer und begibt sich in den Käfig. Anmutig schleichen die großen Raubkatzen um ihn herum. Respektvoll. Vorsichtig. Ebenso aufgeregt. Raubkatzen können kratzen. Ein Biss in die Kehle und jeder ist passé. Der Tanz mit den wilden Tieren – ist ein Tanz mir uns selbst. Jeder hat ihn in sich. Diesen Tiger. Dieses wilde Geschöpf. Oft zeigt er sich, wenn man hungrig im Stau steht. Aber vielleicht auch in einer hitzigen Diskussion. Der Dompteur hat die Katzen im Griff. Selbst beim großen Finale, als er den Kopf zwischen die großen Kiefer schiebt und wieder zurück. Ein Raunen geht durch die Menge, er hat seine Katzen im Griff!

Die Gitter werden abgebaut und die Manege wird gestürmt. Von Clowns. Manche sind frech, andere etwas schüchtern. Aber alle sind lustig. Und vor allem bunt. Die Zuschauer können sich gar nicht sattsehen an dem verrückten Treiben. Wer über sich selbst lachen kann, gewinnt die Herzen der Zuschauer. Nimmt sie mit in eine Welt ohne Sorgen. Zeigt ihnen, wie auch große Herausforderungen mit einem Augenzwinkern zu sehen sind. Macht ihnen Mut! Zeigt ihnen, dass man stolpern kann.

Kaum sind die Clowns weg, wird es still. Der Zirkusdirektor kündigt den neuesten Zugang an: einen Jongleur, der seinesgleichen sucht. Dieser Jongleur schafft es nicht mit drei, nicht mit vier, nicht mit fünf, sondern mit verrückten acht brennenden Keulen zu jonglieren. So wie man die Fackeln des Alltages immer in der Luft behält. Meistens ohne sich zu verbrennen. Vielleicht ist es ein fordernder Job. Vielleicht sind es die Kinder. Vielleicht ist man die Konstante für Freunde in Not. Jeder hat seine Keulen, Fackeln oder Bälle, die er hochhalten muss. Jeden Tag.

Die Zuschauer sind gebannt. Jetzt die Stimmung nicht abkippen lassen. Der Zirkusdirektor macht noch einen lustigen Spruch und spricht mit den Kindern in der ersten Reihe, während die Manege mit Seilen neu drapiert wird. Das Licht geht aus. Der Spot geht an und richtet sich auf eine schmale Gestalt. Ganz oben unter dem Zeltdach. Sie balanciert. Als hätte sie noch nie etwas anderes gemacht. Sie überwindet die eigene Angst. Sie zeigt den Zuschauern, was sie kann. Es gibt im Leben immer Situationen, in denen ein Vorbild anderen Menschen wichtige Impulse geben kann. Sie bestärken. Ihnen den Schwindel nehmen kann. Wenn man bei sich ist und sich konzentriert. Und so kommt sie ganz leichtfüßig auf der anderen Seite des Seiles an.

Und während der Applaus nicht enden will, gibt es einen Puff in der Manege und da steht er. Umhüllt von Rauch. Mit einem Umhang. Langsam hebt er den Kopf. Ein geheimnisvolles Gesicht ist zu sehen. Das ist er! Das ist der Zauberer! Er zeigt seinen besten Trick. Er kann mit seinem Blick Menschen verzaubern. Zwei Freiwillige bitte! Er schafft es, aus Fremden Freunde zu machen. Die sich in der Manege Kennenlernen. Und die bei jeder zukünftigen Vorstellung nebeneinandersitzen werden. Ein Leben lang. In jedem Menschen steckt ein Zauberer, der Dinge verändern kann. Der positiven Einfluss auf das Leben andere hat.

Die Vorstellung neigt sich dem Ende zu. Der Zirkusdirektor kündigt die letzte Show an. Mit tosendem Lärm stürmen drei wunderschöne Pferde die Manege. Der Sand staubt, die Luft verändert sich, Musik ertönt. Die Pferde sind geschmückt und zeigen sich stolz. Und da, auf dem mittleren, da sitzt sie. Und winkt. Die Zirkusprinzessin. Bezaubernd sieht sie aus! Prächtig in ihrem Kleid aus Seide und Bändern, passend zu den Pferden. Sie steigt ab, die Pferde verschwinden so schnell, wie sie kamen. Das Licht richtet sich auf sie. Und sie singt. Sie singt in allen Farben. Sie schafft es, den Zuschauern direkt ins Herz zu singen. Die Melodie, die Stimme, das Gefühl – es umhüllt die Menschen im Zelt. Und erreicht jeden. Auch die letzte Reihe. Die Stimme macht Freude und wärmt. So wie die eigene Stimme wärmen kann. In dunklen, kalten Momenten. Wenn kein Licht am Himmel ist. Und kein Funke da, wo etwas zu entzünden wäre. Sie endet. Bedankt sich und verschwindet.

Le grand coeur

Das Zelt jubelt. Manche weinen, immer noch berührt. Was alle verbindet? Sie sitzen zusammen im Zirkuszelt. Im Herzen. Sie klatschen immer noch. Viele stehen auf. Standing Ovations im Herzen.

In unserem Herz ist immer Platz für neue Zuschauer. Die Plätze sind nicht begrenzt. Wir sollten versuchen, möglichst viele davon zu besetzen. Denn selbst, wenn ein Zuschauer die Vorstellung früher verlässt – es gibt so viele wertvolle Menschen, für die sich unsere Vorstellung lohnt. Es ist wie mit der einen großen Liebe. Von der wir am liebsten alles abhängig machen möchten. Ich glaube an viele großen Lieben. Denn ich möchte nicht abwägen, ob ich meine Freunde oder Familie oder Partner mehr liebe. Ich liebe alle anders. Und das ist das Schöne.

Mach deine Vorstellung nicht von einem Zuschauer abhängig. Du hast doch so viel zu zeigen.

Die Love-Yourself-Qual

Samstag:
15 Uhr: Kann es kaum erwarten … Ich freue mich wie ein kleines Kind auf einen schönen Abend. Was ziehe ich an?
16 Uhr: Nur noch schnell den Einkauf machen und die Bude auf Vordermann bringen!
19 Uhr: Upps, vor lauter Samstag-Hektik mal wieder vergessen zu essen … naja … eine Brezel tut es auch.
21 Uhr: Santé! So jung kommen wir nicht mehr zusammen!
»Weisst du schon …?«
»Das ist ja unerhört!«
»Natürlich ist es eine gute Idee um zwei Uhr noch in einen Club zu gehen!«

Sonntag:
»Oh mein Gott, hab ich das gestern tatsächlich gemacht?«
»Bin ich dafür nicht zu alt?«
»Hab ich das wirklich gesagt?«

Wenn der Blick in den Spiegel gleichzeitig der Blick in die dunklen Ecken der eigenen Psyche wird, wird es schwer, sich selbst zu lieben. Nach einer viel zu langen Nacht schafft es nicht nur der Schlafmangel, dass man sich am liebsten heulend aufs Sofa legen möchte. Sonntags. Den ganzen Tag. Mit Tempos, Tränen und Törtchen. War es eine Zigarette zuviel? Die Hormone? Die Stimmung?

Manchmal schämen wir uns. Für Dinge, die wir gesagt haben. Oder getan. Oder gedacht.

Das Problem mit der Scham ist: Sie verschleiert einen wichtigen Prozess. Nämlich den der Selbstreflexion. Wenn man den Gedanken nicht mehr vor das innere Auge holen kann, ohne vor Scham zu zergehen, werden wir uns nie erklären können, warum wir manche Dinge sagten, taten oder dachten.

Scham überdeckt alles. An Tagen, an denen man sich nicht gegenübertreten mag, gefallen wir uns auch nicht. Alles ist schlecht an uns. Die Haut, die Hüfte, der Hintern. Es ist ein Teufelskreis. Dabei ist es doch alles, was wir in diesem Leben haben. Nämlich uns selbst. Wir haben diesen einen Körper, wir haben diese eine Nacht, wir haben dieses eine tolle Gespräch. Diesen Moment. Und in diesem Moment ist es anscheinend wichtig für uns, zu tun, was wir eben tun.

Wer aber möchte ein unkontrollierter Erwachsener sein, der ständig Dinge tut, die er nur in gewissen Momenten vertreten kann? Dafür haben wir zu wenig Zeit. Niemand möchte in seinem Leben etwas bereuen und sich schämen. Den Schlüssel hierfür haben wir selbst in der Hand. Warum macht man manchmal Sachen, von denen man weiß, dass sie nicht gerade clever sind? Um das herauszufinden, muss man sich besser kennenlernen.

Wenn man verliebt ist, schafft man es, dem Gegenüber alles zu vergeben. Jeder taktlose Spruch, jedes falsche Verhalten. Man schafft es diesen Menschen liebevoller zu betrachten als sich selbst.
»Das hat er nicht so gemeint …«
»So ist sie halt …«
»Morgen tut es ihm sicherlich leid.«
Warum kann man diese Denkweise nicht auf sich selbst übertragen?

Jeder Mensch hat mehrere Facetten. Gut und böse. Laut und leise. Hell und dunkel. Die Mischung macht uns aus. Nichts ist unglaubwürdiger, als ein Mensch, der angepasst durchs Leben schreitet. Denn in uns schlummert etwas, was von Anfang an da war. Eine Facette, die uns verleitet in verschiedenen Situationen so zu reagieren. Sie feuert uns an. Sie bremst uns. Sie lässt uns spielen. Lachen. Singen und Tanzen. Diese Facette ist die sehr junge Ausgabe von uns. Unser inneres Kind.

Wundervoll wild

Es kommt gerne zum Vorschein, wenn wir unser Lieblingslied hören. Wenn wir lauthals den Refrain mitsingen. Oder weinend unsere Freundschaften beschwören. Wenn wir schmusen möchten. Wenn wir am Strand kein Buch lesen, sondern eine Burg bauen wollen. Wenn wir Dinge nicht mit den Augen, sondern mit Händen anschauen. Wenn wir heimlich beim Nachbar auf dem Handy mitlesen. Oder Grimassen schneidend vor dem Spiegel stehen.

Die meisten von uns haben viel Verständnis für Kinder. Der Rest sollte es sich aneignen. Diese kleinen Menschen, die noch so viel Wunderbares kennenlernen dürfen. Die den Moment leben. Deren Spieltrieb sie durch die Jahre leitet. Die tun, nach was es ihnen gerade ist. Nicht angepasst sind.

So ein wundervolles kleines Wesen trägt jeder in uns.

Spielerisch sorgenfrei

Diese Wesen lassen uns mit kindlicher Neugier ein Museum erforschen. Es lässt dich Gegenstände berühren, an denen extra ein Nicht-anfassen-Schild steht. Es lässt dich Kastanien sammeln, Marienkäfer von der Hand aus starten, in Pfützen springen, durch den Sommerregen ohne Regenjacke fahren.

Und manchmal bringt es dich dazu, mit 35 Jahren Trinkspiele zu spielen. Nach zwei Uhr nachts noch den Club wechseln, weil dir die Musik nicht mehr gefällt. Oder einfach die Zeit vergessen.

Herrlich ehrlich

»Schau mal, eine ganz dicke Frau!«
»Mama, warum hat der Mann so komische Zähne?«
Kinder drücken sich klar und direkt aus. Eine alte Weisheit sagt, Kindermund tut Wahrheit kund. Ein Kind bewertet eine Situation anders als ein Erwachsener. Es sagt Sätze, die in seinen Augen nicht verletzend sind – weil sie einfach eine Tatsache ausdrücken. Ohne Wertung.

Vielleicht sind es die Sätze, die uns rausrutschen, wenn wir nicht nachdenken. Die wir am liebsten sofort zurücknehmen möchten. Spätestens am Sonntagmorgen. Dabei waren sie in dem Moment genauso gedacht.

Unaufgeregt unangepasst

Die schönste Eigenschaft ist das unkonventionelle Handeln. Kinder tun Dinge nicht, weil es sich so gehört. Sie tun Dinge dann, wenn es einen Sinn für sie ergibt.

Wenn man sich also wieder einmal fragt:
»Hab ich das gestern tatsächlich gemacht?«
»Hab ich das wirklich gesagt?«
Dann kann man sich selbst doch auch Folgendes antworten:
»Ja, habe ich. Weil ich es in diesem Moment genauso empfunden habe.«

Weil wir so sind. Unser inneres Kind ist nicht immer angepasst – deswegen sind wir es auch nicht. So einfach ist das. Unser inneres Kind will manchmal wild und ungezähmt sein und genau das macht uns aus. Mit allen Facetten.

Charmantes Chaos Team

Stellt euch vor, ihr könnt euer inneres Kind sehen. An jenem Sonntagmorgen, wenn ihr euch wütend im Spiegel anschaut, seht ihr eigentlich das kleine Kind in euch, wie es beschämt zu Boden schaut. Eine Träne verliert. Es hatte es doch nicht so gemeint. Es wollte nur spielen. Lustig sein. Hatte die Konsequenz falsch eingeschätzt. Und jetzt wird es angeschrien. Mit Nichtachtung gestraft. Vielleicht sogar gehasst.

Es ist so wichtig, das innere Kind nicht verstummen zu lassen. Nicht angepasst zu sein. Nicht in der Masse unterzugehen. Sondern Hand in Hand mit dem inneren Kind das Leben zu meistern. Was für eine Verantwortung damit einhergeht, was für eine liebevolle Beziehung. Als Chaos Team mit einem Augenzwinkern.

Wenn du dich selbst liebst, wirst du auch deine Mitmenschen mit anderen Augen sehen können. Denn auch sie haben Kinder in sich. Und auch die dürfen mal raus.

Be bedingungslos, baby!

Schon oft gehört und nie verstanden. Die Sache mit der bedingungslosen Liebe.

Als ich Anfang des Jahres zu einer zweiwöchigen Reise aufgebrochen bin, habe ich genau ein Buch im Gepäck gehabt. »The Mastery of Love« von Don Miguel Ruiz. Ein Buch über die Liebe und Beziehungen. Auf einer Reise ganz allein. Erschien mir passend. Schon im Flugzeug konnte ich es nicht aus der Hand legen.

Stellt euch vor, ihr beschließt, euch ein Haustier zuzulegen. Ein Hund soll es sein. Ihr geht in eine Tierhandlung – im Kopf habt ihr schon das perfekte Hündchen, was es werden soll. Gedanklich steht der Name, der Schlaf- und Futterplatz und natürlich die perfekte Gassistrecke fest. In der Arbeit ist es kein Problem, Hundi darf mitkommen. Es ist alles perfekt. Ihr öffnet die Tür der Tierhandlung mit klopfenden Herzen. Die Klingel ertönt, euer Herz springt schon vor Freude! Der Blick wandert zu den Tieren – einem werdet ihr ein wundervolles Zuhause schaffen. Ihr seht Fische, Hamster, Meerschweinchen, Vögel – und Katzen. Noch mal zurück… Katzen, Vögel, Meerschweinchen, Hamster, Fische. Keine Hunde. Das kann jetzt doch nicht sein. Das darf nicht sein. Ihr fragt nach, vielleicht sind die erwarteten Hundewelpen gerade Gassi. Nein, Hunde sind aus. Verdammt. Was jetzt? Der Blick wandert wieder von den Fischen bis zu den Katzen. Katze. Mmh. Kommt einem Hund am nächsten. Hat ja auch Vorteile. Kein Gassi gehen. Muss nicht mit zur Arbeit. Freut sich ebenso, wenn man abends nach Hause kommt. Und irgendwie sind sie ja auch süß, wie sie da so sitzen und schauen. Ok, dann eine Katze. Hey, eine Katze!

Zu Hause angekommen wird die vorbereitete Leine heimlich verräumt. Wo stellt man bitte ein Katzenklo auf? Wie viel Streu muss da rein? Aha. Ach so. Wird sicher nicht so schlimm. Kätzchen schaut sich um, lernt das neue Zuhause kennen. Shit, Katzenbaum. Ach, wie sie so schaut! Da geht einem das Herz auf! Aus Bello wird Bella und die ersten Tage sind wundervoll. Kaum hält man es auf der Arbeit aus. Mit klopfendem Herzen wird die Wohnungstür aufgeschlossen. Miez Miez Miez, wo bist du denn? Ah, ok, Katzen sitzen nicht an der Tür und warten. Auch gut.

Die Tage vergehen und schnell ist dir klar: Mit einer Katze kannst du nicht Gassi gehen. Zwei Krallen stecken noch unter deiner Haut, als du dennoch versucht hast ihr eine Leine anzulegen. Die Katzenklo-Nummer ist härter als du es dir in deinen kühnsten Gedanken vorgestellt hast. Ein Katzenbaum für 400 € muss nicht zwingend benutzt werden. Vom Geruch des Katzenfutters wird dir schlecht. Und ihr mögt euch nicht. Was nun? Wie alt wird eine Katze? Mmh. Naja, es wird werden.

So wie es sich mit der Haustierepisode verhält, verhält es sich bei vielen Singles mit der Partnersuche. Wenn die Entscheidung für eine Beziehung gefällt ist und „nur“ noch das +1 fehlt, übergeht man seine Bedürfnisse und Wünsche gerne zugunsten des vermeintlich perfekten Partners. Ob Hund oder Katze – ist doch egal. Und genau das ist es eben nicht. Ein Hund macht in kein Katzenklo und eine Katze lässt sich nicht davon abhalten ihre Krallen in das 3.000 € Sofa zu hauen.

Genauso wenig wie sich ein vegetarisch lebender Partner für eine Bratwurst begeistern lässt oder sich eine überzeugte Pessimistin über jeden Sonnenaufgang freuen wird.

Eine Beziehung ist vergleichbar mit einem Kreis. Einem Kreis, der aus zwei Hälften besteht. Jeder Partner besitzt eine Hälfte. Dabei ist es egal, was für eine Art von Beziehung es ist. Es kann sich um eine Freundschaft, um eine berufliche Bekanntschaft oder um eine Liebesbeziehung handeln. Eine Beziehung besteht immer aus diesen zwei Hälften und wird von zwei Menschen gelebt.

Eine elementare Regel ist: jeder ist für seine Hälfte verantwortlich und kann auch nur diese steuern und verändern.

Ich kann bestimmen, wie ich bin und wie ich sein möchte. Aber ich kann die andere Hälfte nicht verändern. Ich kann aus einer Katze keinen Hund machen. Deswegen ist es so wichtig zu wissen, was man sucht. Und wie die eigene Hälfte aussieht. Denn der andere kann genauso wenig in diese eindringen.

Die Grundlage für die bedingungslose Liebe ist: keine Bedingung an die Liebe zu knüpfen. Easy. Macht ja keiner. Wer will das schon. Das weiß doch jeder. Aber wenn ich mich umblicke, sehe ich nur Bedingungen, die gestellt werden.

Die meistgelebte Bedingung ist: Ich liebe nur, wenn ich geliebt werde.

Habt ihr schon mal beschlossen, zu lieben – egal ob ihr zurückgeliebt werdet oder nicht? So verrückt es sich anhört, es befreit ungemein. Einfach der Liebe wegen zu lieben. Sich einfach fallen zu lassen. Ohne eine Erwiderung zu bekommen.

»Und wenn ich dich lieb habe, was geht‘s dich an?« Goethe hat es direkt ausgesprochen. Man darf sich verlieben. Wird es erwidert, ist das schön. Aber nicht zwingend notwendig. Liebe ist eine Entscheidung. Entscheidungen muss man alleine treffen.

Oft verbreitet: Mein Partner muss mir zeigen, wie sehr er mich liebt.

Warum muss er das denn? Aus psychologischer Sicht kann hier schnell die Projektion erwähnt werden. Ich projiziere das auf meinen Partner, was mich an mir stört. Zeigt er es mir nicht, dann ist es auch nicht wahr. Dabei muss aber auch die Art von meinem Partner gewählt werden, die ich mir wünsche. Zeigt er es mir auf seine Art, übersehe ich es oder es ist nichts wert.

An dieser Stelle möchte ich einen Ausflug in die sozialen Netzwerke wagen. Gerade als Single wird es einem unter die Nase gerieben. Diese überglücklichen Paare. Die perfekten Familien. Menschen, die alles richtig gemacht haben. Aber meine Beobachtung dieses Mitteilungswahnsinns hat mich anderes gelehrt. Je mehr Glück mir gezeigt wird, desto weniger ist vorhanden.

Auch gut: Wenn ich alles für meinen Partner tue, muss er das auch machen.

Dabei ist es eine Definitionssache was »alles« bedeutet. Und das bedeutet eben für jeden etwas anderes. Vielleicht bedeutet es für mich, Urlaube alleine aufzugeben, währenddessen dieses Opfer für den Partner nicht nachvollziehbar ist, da er nie alleine durch die Welt touren wollte. Oder jemand hört auf, jeden Abend online Spiele zu zocken. Oder er versucht daran zu denken, dass Schmutzwäsche einen eigenen Ort hat, der zentral gelegen ist.

Es gibt viele Dinge im Alltag eines Paares, die den ein oder anderen zur Weißglut bringen können. Dinge, die schnell eine enorme Wichtigkeit bekommen. Und die plötzlich »alles« sind. Es soll Ehen geben, die an der klassischen Zahnpastatube gescheitert sind.

Ich bin mir sicher, dass es unzählig weitere Bedingungen gibt, die Menschen mit Liebe verknüpfen. Dabei haben alle Bedingungen eins gemeinsam: Sie beziehen sich auf die andere Hälfte der Beziehung. Nicht auf die eigene Hälfte. Manche Menschen bleiben die ganze Nacht auf, weil ihr WoW-Team eine wichtige Mission erfüllen muss. Schmutzwäsche kann unterschiedlich priorisiert werden – auch in einer 30-jährigen Partnerschaft. Ich werde das Alleinereisen immer lieben. Auch wenn mein Partner es vielleicht nicht verstehen kann.

Was also kann ich tun?

Zuallererst sollte man wissen, ob man einen Hund oder eine Katze will. Keine Kompromisse machen, wo keine zu machen sind. Was anfangs noch als liebevolle Eigenart gilt, kann nach fünf Jahren zu einer Trennung führen (siehe bye bye, butterfly).

Dabei aber nicht vergessen: Jeder Mensch hat sicher genauso viele schlechte wie gute Eigenschaften. In einer perfekten Welt schaffe ich es, meinem Partner Liebe zu schenken, weil ich es möchte. Und nicht, weil ich es muss. In einer perfekten Welt räume ich seine Schmutzwäsche auf und lächle insgeheim, weil er in vielen Dingen genial ist und in einigen so blind.

Ich bin davon überzeugt, dass bedingungslose Liebe einen Sonnenaufgang wärmer, Gedanken leichter und Momente glücklicher macht. Also verliebt euch einfach. Der Liebe wegen.

 

 

 

bye bye, butterfly

Schmetterlinge sind Insekten, welche ihr Leben als Raupe starten. Sie verpuppen sich und entfalten dann die Flügel. Die meisten sind wunderschön. Die Flügel schimmern in allen Farben, sie glänzen in der Sonne. Es gibt so viele Farben wie es Formen gibt. Auch in der Größe gibt es alles. Der größte Schmetterling ist größer als eine Hand. Und ihre Lebensdauer ist kurz.

Aber während dieser Lebensspanne, sieht man sie an den schönsten Blumen. Sie bezaubern uns durch ihre Leichtigkeit, ihre Schönheit und ihre Verspieltheit.

Und manchmal spüren wir sie.
Nämlich dann, wenn wir verliebt sind.

Tief in uns. In der Magengegend. Da sind sie. Leicht, schön und anmutig. Und von kurzer Lebensdauer. Vielleicht deswegen so wertvoll für uns? Oder weil uns Schmetterlinge Geschenke mitbringen?

Sie bringen uns das Geschenk der Leichtigkeit.
Wir fliegen durch den Alltag. Nichts kann uns was anhaben. Es ist, als lassen uns die Schmetterlinge schweben.

Sie machen uns das Geschenk der Schönheit.
Plötzlich ist alles schön. Die Farben sind bunter, die Stimmung heller, alles strahlt in uns und um uns herum. Es geht eine Kraft von uns aus, die uns sagt wie schön wir sind. Nicht aussehen, sondern fühlen. Wir fühlen uns schön.

Sie teilen mit uns das Geschenk der Verspieltheit.
Wenn man meint, Schmetterlinge zu spüren, wenn man denkt, man hat den Partner fürs Leben gefunden, dann kribbelt es im Bauch. In der Magengegend. Hier macht sich Aufregung breit, wenn man den Angebeteten trifft. Oder mit ihm telefoniert. Oder an ihn denkt. Wir fühlen uns wie naive Kinder, welche frei von Sorgen sind.

Aber es sind keine Geschenke. Denn plötzlich ist alles weg. Eine meiner Umfragen unter Freunden und Bekannten zeigt, die Lebensdauer der Bauchschmetterlinge beträgt neun Monate. Das ist auch die Zeit, die ein Mensch braucht, im Bauch zu gedeihen. Vielleicht ist das von Mutter Natur so gemacht, damit auch Männer das Gefühl haben dürfen. Das Gefühl etwas lebt in mir.

Neun Monate und plötzlich gibt es keine Leichtigkeit mehr. Wenig Schönheit und schwindende Verspieltheit. Man nennt das auch Alltag. Wie kann es Leichtigkeit geben, wenn innerhalb einer Liebesbeziehung plötzlich beide Familien zusammengebracht werden müssen? Wo ist die Schönheit, wenn man jeden Morgen nebeneinander aufwacht, den Kissenabdruck im Gesicht? Wo ist die Verspieltheit, wenn man das dritte Mal ins Bad gestolpert ist und den Partner auf der Toilette überrascht hat?

Wir wissen wie es läuft: Nach neun Monaten sind sie tot, die Schmetterlinge. Aber wir wollen ständig, dass sie fliegen. Weil wir uns leicht, schön und anmutig fühlen wollen innerhalb der Partnerschaft.

be mine, butterfly

Wir suchen sie. Wir suchen sie in jedem kleinen Flirt, in jeder noch so kleinen Begegnung. Aber warum? Wir wissen, ihre Lebensdauer ist zeitlich beschränkt. Wir wissen, sie sind nur am Anfang da. Warum finden wir die Leichtigkeit, die Schönheit, die Anmut nicht in uns. Wer sagt, dass Schmetterlinge ein Garant für die große Liebe sind?

Viele Beziehungen gehen über die Lebensdauer der Bauchschmetterlinge von neun Monaten hinaus und zeigen, dass die Wahl gut war. Ohne Schmetterlinge zu haben. Diese Beziehungen stehen auf wackeligen Beinen. Schmetterlingen ist es egal wann sie auftauchen. Und bei wem.

Die Geschenke, die sie mitbringen haben ihren Preis. Sie kosten oft Partnerschaften.

very bad, butterfly

Wie vieles im Leben, hat alles zwei Seiten. So auch die Schmetterlinge. Sie kommen, schenken, zerstören, verwirren und lassen uns dann einsam zurück. Warum also immer auf der Suche nach ihnen? Sollte man nicht eher auf der Hut sein? Und sich auch ohne sie leicht, schön und anmutig fühlen dürfen?

Stellt die Schmetterlingsnetze zurück in den Keller. Lehnt euch zurück und schließt die Augen. Ihr wisst auf was ihr hören sollt. Was da ist bevor die Schmetterlinge kommen. Was bleibt, wenn sie gehen. Das ist euer Bauchgefühl.

Vom (nicht)wollen

Es gibt diese Tage. Tage an denen wir morgens aufwachen und genau wissen, was wir wollen. Wir wissen genau, was wir anziehen, wissen genau, was der Tag bringen wird, wissen was wir zu erledigen haben, wissen, wo wir in einem Jahr stehen wollen. Und mit wem. Und wir wissen auch, warum wir es genauso wollen.

Und dann gibt es diese anderen Tage. Diese Tage, die schon ungewiss starten. Es fängt mit der Wahl der Kleidung an und endet mit einem dumpfen Gefühl der Ungewissheit. Weg ist jedes sichere Gefühl. Das sichere Gefühl, was uns die anderen Tage trägt. Was uns leitet. Uns Hoffnung gibt. Vorfreude. Was uns antreibt. Wir wissen weder was der Tag bringt, noch die nächste Woche. Und schon gar nicht das nächste Jahr. Wir stellen alles in Frage. Überlegen verschiedene Szenarien – stets mit der Hoffnung, dieses Gefühl zu finden, was uns an anderen Tagen antreibt.

An diesen Tagen zweifeln wir. War es die richtige Entscheidung? Was wäre passiert, wenn ich den anderen Weg eingeschlagen hätte. Was will ich überhaupt? Wo stehe ich? Wo möchte ich stehen? Warum passiert das alles genau jetzt? An diesen Tagen gibt es keine Entscheidung, die sich gut anfühlt. An diesen Tagen fühlt sich alles gleich an. Taub. Farblos.

Was können wir an solchen Tagen tun?

Ich habe mir oft überlegt, was ich möchte. Was ich will. Und genau das nicht bekommen. Dafür etwas anderes. Ob es besser war, das weiss ich nicht. Aber da ich es nicht bekommen habe, werde ich es nie wissen. Ein kluger Kopf sagte einst: „Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist!“ So viel Wahrheit, so viel Kraft liegt darin. Aber an ebendiesen Tagen bringt uns diese Einstellung rein gar nichts. Wir wollen wollen.

Oft sind es Entscheidungen, die zu treffen sind, die uns an diesen Tagen die Augen öffnen. Wir müssen einen Weg einschlagen und können uns nicht entscheiden. Weil wir ja nicht wissen, was wir wollen.

Aber müssen wir das? Ist es immer sinnvoll genau zu wissen, was man will? Wie kann man Kraft aus diesem Gefühl schöpfen ohne zu wissen, wo man stehen möchte?

Wenn man sich ein Ziel setzt, hat man genau dieses eine Ziel. Dieses gilt es zu erreichen. Die Wahrscheinlichkeit genau an diesen Punkt zu kommen ist sehr gering – bedenkt man die Fülle der auf dem Weg versteckten Möglichkeiten, die wir noch nicht kennen. Welche wir aber nicht sehen. Weil wir nur dieses eine Ziel sehen.

Wir sehen nicht, dass sich hinter anderen Wegen vielleicht andere Ziele verstecken. Weil wir nicht wollen. Wir sind so glücklich zu wissen was wir wollen, dass wir Freude taumelnd und völlig berauscht alles andere abwinken. Setzen wir dieses Ziel, dass was wir wirklich wollen, gedanklich nach oben, so befindet sich automatisch alles was wir nicht wollen unten. Da wir uns hierüber aber keine Gedanken machen, sehen wir nichts, wenn wir hinabblicken. Wir sind blind.

Wäre es nicht schlauer nach unten zu blicken? Und zu wissen, was wir nicht wollen? Zu wissen, wo wir unter keinen Umständen sein möchten? Und uns dadurch offen zu halten, was alles passieren könnte? All die Möglichkeiten, die sich uns bieten, wahrzunehmen?

Manchmal hilft das nicht wollen herauszufinden, was wir wollen.

Wie schön!