#1 Have you met Tim?

Es gibt so viele ungeschriebene Gesetze auf der Welt. Wir brauchen Regeln und Gesetze. Mal hart, mal weich. Der eine mehr, der andere weniger. Wenn wir in Urlaub fahren, sollten wir vorher zumindest wissen, welche Regeln für die andere Kultur gelten. Wie ist die Begrüßung? Wie ist das Verhalten am Tisch? Wann genau müssen meine Schultern bedeckt sein? Wo sind Birkenstock nicht gerne gesehen? Was ist das angemessene Trinkgeld? Jedes Reisebüro klärt hier gerne auf, es gibt unzählige Blogs zu diesen Themen. Tipps & Tricks, wenn man es nur möchte. Oder auch nicht. Easy. Natürlich hören diese Regeln nicht bei einer Fernreise auf. Es gibt immer Themen, bei denen wir gerne die Regeln beachten. Gerade bei Situationen, in denen wir unsicher sind. Situationen, die wir nicht steuern können. Wie unsere Gefühle. Jeder kennt dieses hormonelle Ungleichgewicht, was sich dann und wann einstellt. Was vorher klar war, ist es nun nicht mehr. Es gibt nur Fragen, nie Antworten. Stop: Antworten gibt es. In Hülle und Fülle.

Wenn es um Beziehungen geht, wissen es die anderen meistens am Besten. Plötzlich weiß selbst Tante Inge, die ein Leben lang Single war, wie es laufen muss. Denn jeder kennt die Regeln. Und ich meine hier wirklich DIE Regeln.

Das ist der Start einer dreiteiligen Reihe, bei der es um vordefinierte Formen der Beziehung geht, nach der die meisten aber nicht leben wollen/können. Und die nicht nur deshalb hinterfragt werden wollen. Vorhang auf für #1.

Momente umgeben uns wie Konfetti. Wenn wir auf einer guten Party sind und tiefe Gespräche führen. Wenn wir von spannenden Situationen umgeben sind. Wenn Menschen wie Konfetti auf uns herabprasseln.

Manchmal heißt ein Konfetti Tim. Tim ist das bunteste Konfetti von allen und wir haben es an diesem besonderen Abend, in diesem einen Moment geschafft, genau ihn zu treffen. Die Gefühle flippen aus, der Kopf wird gaga. Es könnte schließlich der Mann unserer Kinder sein. Oder zumindest der Mann fürs Heiraten. Da wir uns in einem außergewöhnlichen Zustand befinden und uns selbst nicht mehr für zurechnungsfähig erachten, lechzen wir nach – Regeln. Sie geben uns eine Richtung vor, bewahren uns vor schlimmen Fehlern und liefern Antworten auf zermürbende Fragen.

Die Handynummer ist abgespeichert, der Abend war der Hammer. Tim ist der Eine. Wenn man Tim mit allen anderen Männern davor vergleicht, kann er nur gewinnen. Das sagen auch alle, die ihn an diesem Abend erlebt haben. Jetzt nichts Falsches tun. Contenance. Nicht betrunken Nachrichten schreiben. Am nächsten Tag auf keinen Fall anrufen. Denn, Gott sei Dank, weiß jeder:

Warte drei Tage bevor du dich meldest

Diese drei Tage erscheinen äußerst wichtig. Jeder weiß es. Jeder kennt es. Diese süße Qual. Wenn man sich ablenkt, um auf gar keinen Fall an Tim zu denken.

Warum? Das weiß doch wirklich jeder! Mach dich rar, dann bist du der Star! Generationen vor uns und bedauerlicherweise auch noch nach uns wissen, nur so kann man seinen Selbstwert heben und dem potenziellen Partner vermitteln, dass er einen großen Fang gemacht hat. Und diesen Fang gibt es nicht einfach so. Man muss auf ihn warten. So wie auf Weihnachten. Wie auf den Osterhasen. Wie auf den Geburtstag. Seit unserer Kindheit wird uns eingebläut, dass man auf besondere Dinge immer lange warten muss. Ein Rätsel für mich – bis heute.

Sind die drei Tage (endlich!) ausgestanden, geht es los. Das Kennenlernen. Wer ist eigentlich Tim? Für wen haben wir diese Ewigkeit ausgestanden? Wie verbringt er seine Zeit? Wie verdient er (hoffentlich) sein Geld? Wie tickt er? Welche Musik hört er? Ist er Vegetarier? Welcher Religion gehört er an? Online-Plattformen nehmen einem vorab diese alles entscheidenden Fragen ab. Im echten Leben müssen wir das tatsächlich noch selbst vornehmen. Das ist schließlich eine weitere Grundregel für eine erfüllende Beziehung:

Gleiche Interessen sind die Basis

Wehe dem, der den Musikgeschmack des Partners nicht teilt. Diese Beziehung hat überhaupt keine Basis. In welcher Welt könnte denn ein Metall-Freak mit einer Pop-Maus zusammen sein? Oder wie würde es für einen Vegetarier mit einem Fleischesser ergehen! Deswegen ist in dieser Zeit der Fokus natürlich ganz klar. Alles was uns Freude bereitet, soll muss dem zukünftigen Partner ebenso gefallen.

Tim hat bestanden. Er hört die gleiche Musik, hat ähnliche Leibspeisen und on top: Er badet sogar noch gerne! Jackpot. Tim liebt sogar ähnliche Filme. Zwar eher mit Dinos als mit Pferden, aber hier darf die Regel dann plötzlich doch angepasst werden. Es steht also nichts mehr im Wege, um die nächste Regel zu checken. Auch hier steckt der Teufel im Detail und ist elementar für eine besonders glückliche Zukunft:

Man muss sich mit den Freunden verstehen

Tim und du seid drauf und dran zu der sagenumwobenen Eins zu werden. Aber man kann sich ja nicht jeden Tag nur mit sich beschäftigt sein. Es gibt ja auch Freunde. Freunde, die einen nicht nur an jede Regel erinnern, sondern auch Freunde, die natürlich auch die Interessen zu den Dino-Filmen teilen. Wie wunderbar. Tim könnte es immer noch verbocken. Indem er die beste Freundin, den besten Freund, den Partner der Freundin oder womöglich den Schwager der Nachbarin nicht mag. Schließlich sind hier zukünftige Spieleabende geplant.

Freundeskreise miteinander zu verweben ist die höchste Kunst der modernen Beziehungskultur. Es benötigt ein gewisses Maß an Empathie und Menschenkenntnis. Und natürlich Willen. Da diese Regel aber so wichtig erscheint, wird sie mit einer Inbrunst gelebt, die oftmals mit Starrsinn verwechselt wird.

TINEFACT #1:

Es ist egal, wann man sich meldet. Tim hätte sich schon am nächsten Tag darüber gefreut. Du hättest besser geschlafen und vielleicht an Tag drei dein erstes Date mit ihm gehabt. Und wer möchte bitte mit jemanden zusammen sein, der tatsächlich diese drei Tage einhalten kann? Das ist ja beängstigend. Tim hätte auch denken, können, dass kein Interesse besteht und derweil die zuckersüße Hermine kennenlernen können. Ein Hoch auf deine Konsequenz!

Melde dich dann, wenn du es möchtest.
Dann ist immer der richtige Zeitpunkt.

 

TINEFACT #2:

Es ist schön, wenn man Freude teilen kann. Wenn ein gemeinsames Ziel erreicht wird. Wenn man gemeinsam die Zeit bei einer Beschäftigung vergisst. Aber wie langweilig ist es, wenn aus »du« und »ich« ein konstantes »wir« wird. Paare, die sich nur um sich selbst drehen. Die alles gemeinsam machen. Alles. Paare, die ihre Freundschaften nicht mehr pflegen. Paare, die in der Badewanne zu einem unförmigen Klumpen verschmelzen? Mit denen man nichts mehr anfangen kann. Weil sie dich an siamesische Zwillinge denken lassen.

Sei kein Klumpen, behalte dir deine eigenen Interessen bei. Und freue dich über die Diversität in der Beziehung, sie wird nicht nur dein Leben bereichern.
Versprochen!

 

TINEFACT #3:

Unglaublich aber wahr: Man darf auch während einer Beziehung ein eigenes Leben mit eigenen Freunden haben. Sogar Urlaube mit Freunden sind erlaubt. Schließlich gibt es Freundschaften, die einige Beziehungen überdauern. Und das tun sie nur, wenn man sie nicht in den Schrank stellt, während man mit Schmetterlingen im Bauch über saftige Wiesen springt. Jeder Mensch ist ein Individuum. Jedes Individuum besticht durch charakteristische Merkmale. Freundschaften leben durch gemeinsame Geschichte. Und nicht jeder muss jeden mögen. Bäm.

Achso, und es sollte keine Regeln geben, wenn man sich kennenlernt. Man sollte nur wissen, was man sucht.

Gespannt wie es weitergeht? Wenn Tim in die nächste Runde geht?
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